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Interview mit Hagen KreiselInterview mit Hagen Kreisel, Mitarbeiter des AMAL-Teams zur Beratung von Betroffenen rechter Gewalt in Ostsachsen Wieso glaubst du, dass das Konzept der akzeptierenden Jugendsozialarbeit gerade in Zittau nicht funktionieren kann? Das Konzept richtete sich ursprünglich an Randgruppen, die von Ausgrenzung und Stigmatisierung betroffen waren und von der Mehrheitsbevölkerung als Problem angesehen wurden, z.B. Punks und Drogenabhängige. Rechte Jugendliche verstehen sich aber nicht als Randgruppe, sondern eher noch – wenn sie Täter werden – als Vollstrecker eines eingebildeten Volkswillens. Ihre Werte und ihre Art zu leben stehen nicht im eklatanten Widerspruch zu weiten Teilen der Bevölkerung. Das sehen mittlerweile auch einige Begründer des Konzepts, z.B. Prof. Krafeld, so, die seit Jahren – vor allem nach den vielen gescheiterten AgAG-Projekten – davor warnen, das Konzept einfach auf rechte Jugendliche in Ostdeutschland zu übertragen. Beim NJB kommt hinzu, dass es sich bei den Mitgliedern des Vereins und dessen Umfeld vorrangig um erwachsene Menschen handelt, die mit den Methoden der Jugendarbeit kaum erreicht werden können. Wenn mensch dem Konzept eine Chance gibt, dann meiner Meinung nach nur, wenn ganz klare Kriterien aufgestellt werden, z.B. – Transparenz für die Öffentlichkeit, welche Methoden werden eingesetzt, wie werden Mittel verwendet, welche überprüfbaren Ziele werden gesetzt usw. – mit welcher Analyse rechter Einstellungen, damit ist gemeint, wie Menschen zu rechten Überzeugungen kommen, gehen die Professionellen ans Werk – was sind die Grenzen des Konzepts, an welchen Punkten muss es als gescheitert angesehen werden, wie wird z.B. mit Kadern oder Straftaten umgegangen – welche fachliche Qualifikation haben die eingesetzten Sozialarbeiter, arbeiten sie im Team, ist die wissenschaftliche Begleitung, Supervision, Weiterbildung etc. gesichert An all diesen Punkten haben die Verantwortlichen in Zittau versagt, also der Träger, die Arbeiterwohlfahrt, und die Kommune bzw. andere Mittelgeber. Was schlägst du als Alternative zum bisher gefahrenen Konzept vor? Einer Gruppe wie sie der NJB und dessen Umfeld darstellt, darf kein öffentlicher Raum zur Verfügung gestellt werden. Er darf als Verhandlungspartner solange nicht akzeptiert werden, wie er sich nicht glaubhaft und überprüfbar mit seiner Geschichte auseinandergesetzt und von seinem bisherigen Erscheinungsbild und -auftreten distanziert hat. Zum jetzigen Zeitpunkt schlage ich die Isolierung des NJB vor. Das Haus muss seinem Zugriff entzogen werden. Parallel sollte mensch über ein fundiertes Angebot für die jüngeren Mitglieder der Szene nachdenken. Damit wäre ein öffentliches Zeichen gesetzt, dass die kommunalen Verantwortungsträger nicht gewillt sind, eine wie auch immer geartete Unterstützung für rechtsradikale und demokratiefeindliche Umtriebe zu leisten. Ein solches Zeichen wäre auch für all jene Initiativen und Vereine in Zittau und darüber hinaus wichtig, die sich seit Jahren darum bemühen, rechten Tendenzen etwas entgegen zu setzen, indem sie eine engagierte und oftmals unbezahlte Arbeit in den Bereichen Jugendkultur, Kunst, politische Bildung, Unterstützung von Flüchtlingen usw. leisten. Das Haus in der Südstrasse sollte öffentlichkeitswirksam mit deutlich anderen WERKZEUGEen gefüllt werden. Das wäre ein Beitrag zur Wiedergutmachung jahrelanger Fehler. Es würde allerdings einiges an Anstrengung bedeuten, müsste von verschiedenen Initiativen mit offensiver Unterstützung der Kommune getragen sein und nötigenfalls auch gegen den Widerstand Rechtsradikaler durchgesetzt werden. Sonst sollte das Haus zumindest irgendeiner Bestimmung zugeführt werden, die für die Rechten absolut unattraktiv ist – oder aber abgerissen werden. Natürlich werden die Akteure des NJB damit nicht verschwinden, aber es ist wichtig öffentlich gegen sie – und das heißt in erster Linie gegen das von ihnen vertretene Weltbild – Stellung zu beziehen und ihre Strukturen wo immer möglich zu schwächen. Gibt es zu dem jetzigen Zeitpunkt noch Möglichkeiten, den Entschluss rückgängig zu machen oder zumindest die Stadt Zittau für diese Entscheidung zur Verantwortung zu ziehen? Also momentan läuft noch die Rechtsaufsichtsbeschwerde vom fraktionslosen Stadtrat Winfried Bruns, da keine Expertenanhörung vor einer solch wichtigen Entscheidung gemacht wurde und die Abstimmung wohl nicht auf der Tagesordnung stand. Ob die Umwandlung in einen Mietvertrag noch möglich ist, weiß ich nicht. Ich denke aber, ein neuer Beschluss durch den Stadtrat ist prinzipiell immer möglich. Leider ist das aber total unwahrscheinlich, weil das voraussetzt, dass sich dessen Mitglieder in hohem Maße offen für Kritik zeigen und sich selbst in Frage stellen. Nächster Artikel: Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. |
Dossier #3: Unser drittes Dossier gibt einen Einblick in derzeitige Projekte und Ansätze und liefert anhand aktueller Anlässe Grundlagen zur erneuten Diskussion der akzeptierenden Sozialarbeit. |
Letzte Änderung: 2005-05-22 22:55:56 | info@d-a-s-h.org Impressum |