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Interview mit dem Netzwerk für Demokratie und Courage e.V.Das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC) ist ein Verein, der seit dem Jahr 2000 in der Jungendbildungsarbeit gegen Rechts aktiv ist. Das Netzwerk besteht aus verschiedenen gewerkschaftlichen und kirchlichen Initiativen, Jugendverbänden und aktiven Einzelpersonen. Gestartet wurde das Projekt in Sachsen, von wo aus es sich weiter verbreiten soll. Insgesamt sind im NDC 17 hauptamtliche MitarbeiterInnen tätig, hinzu kommen einige ABM-Stellen. Finanziert wird das Projekt zu 64% aus dem Europäischen Sozialfond »Xenos«, die restlichen 36% kommen jeweils von verschiedenen Initiativen, die im NDC vernetzt sind, hauptsächlich jedoch vom DGB. Wir sprachen mit Erik Wolf und Peter Streubel von der Landesnetzstelle Sachsen des NDC. Ihr bietet Projektschultage unter dem Motto »Für Demokratie Courage zeigen« an. Was genau verbirgt sich dahinter? Wen wollt Ihr mit diesem Projekt ansprechen bzw. wer kann mitmachen? Die Projektschultage heißen jetzt Projekttage, weil wir nicht nur Schülerinnen und Schüler in den allgemeinbildenden Schulen erreichen wollen, sondern auch Auszubildende in den Betrieben und Berufschulen und junge Leute in Jugendclubs und ähnlichen Jugendeinrichtungen. Im Moment gibt es drei verschiedene Projekttage: Der Projekttag A hat den Schwerpunkt Flucht und Migration, der Projekttag B hat die Schwerpunkte Macht, Autorität und Gehorsam und der Projekttag C beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Jugend und Jugendkulturen sowie Dominanzkultur. Darüber hinaus bieten wir z.B. auch Pädagoginnen und Pädagogen unsere Dienstleistungen an, helfen ihnen durch Vermitteln von Argumenten gegen rassistische Vorurteile oder beim Erkennen von Nazisymbolen. Die Projekttage werden bei uns von Jugendlichen durchgeführt und um Teamer oder Teamerin zu werden, absolvieren Interessierte bei uns eine einwöchige Schulung. Nach einer Hospitation bei einem Projekttag werden sie das erste Mal gemeinsam mit einer oder einem erfahrenen Teamer eingesetzt. Unsere Team besteht vor allem aus Studentinnen und Studenten, aber auch Azubis und arbeitslosen Jugendlichen. Unser Motto heißt ja auch »Jugend für Jugend«. Was sind die Ziele, die ihr mit diesen Projekttagen erreichen wollt? Die Projekttage sind ein Mittel, um mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Viele Schülerinnen und Schüler haben sich noch nie mit Themen wie Rassismus oder Gewalt beschäftigt, im Unterricht spielen solche Dinge kaum ein Rolle. Dementsprechend gibt es viele Vorurteile und große Wissensdefizite bei den meisten Jugendlichen. Hier können wir durch gezielte Aufklärung wirken. Wir wollen, dass sich die Schülerinnen und Schüler – oftmals zum ersten Mal überhaupt – mit der Thematik befassen und einen Diskussionsprozess in den Klassen anschieben, der vielleicht auch nach unserem Besuch in der Schule fortgesetzt wird. Was waren bzw. sind für Euch Gründe antirassistische Bildungsarbeit zu machen? Wir haben festgestellt, dass es wichtig ist, antirassistische Positionen zu beziehen. Oft sind wir die einzigen, die nicht mit vorherrschenden rassistischen Meinungen konform gehen. Rassismus soll nicht als normale Haltung stehen bleiben. In der schulischen Bildung gibt es gerade in diesem Bereich große Defizite, die wir zwar nicht ausräumen, aber immerhin thematisieren können. Ich stelle mir es eher schwer vor, innerhalb von sechs Unterrichtsstunden, die ja ein Projekttag dauert, gefestigte Nazis von ihrer Überzeugung abzubringen. Wen wollt Ihr mit den Projekttagen in erster Linie ansprechen? Wir wollen in erster Linie nicht-rechte Jugendliche erreichen und denen, die sich antirassistisch positionieren, den Rücken stärken. Natürlich sind sechs Unterrichtsstunden ein begrenzter zeitlicher Rahmen. Wir maßen uns auch nicht an, die Jugendlichen, die bereits eine gefestigte rechte Meinung haben, an einem Tag bekehren zu können. Wir wollen Jugendliche mit Fakten und Argumenten dazu bewegen, sich mit dem Thema Rassismus zu beschäftigen bzw. denen, die das schon machen, dabei helfen, eine nicht-rechte Meinung zu vertreten und couragiert gegen Rassismus und rechtes Gedankengut aufzutreten. Welche Erfahrungen habt Ihr in den Klassen gemacht? Wie nehmen Schüler und Schülerinnen die Thematik auf? Sind sie offen, sich über Themen wie rechte Gewalt, Rassismus und Demokratie zu informieren und auch darüber zu diskutieren? Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Gruppen. Aber meistens wird uns ein großes Interesse entgegengebracht. Das liegt nicht zuletzt auch an den Methoden, mit denen wir die WERKZEUGEe umsetzen. Vieles wird auf spielerische Art erfahrbar gemacht, Interaktion und Beteiligung ist immer möglich und gewollt. Die Schülerinnen und Schüler sind froh darüber, einen Projekttag jenseits vom im Schulalltag üblichen Frontalunterricht zu erleben und darüber, dass sich das anwesende Team für ihre Meinung interessiert und sie ernst nimmt. Das Wissen bei den Schülerinnen und Schüler über die von uns angesprochenen Themen ist oft erschreckend gering; genauso oft sind uns aber Jugendliche dankbar, dass wir gemeinsam mit ihnen genau darüber diskutiert und ihnen diesbezügliche Informationen geliefert haben. Wie geht Ihr mit offensichtlich Rechten, also Schülerinnen oder Schülern, die sich als solche zu erkennen geben, um? Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Natürlich nehmen sie an den Projekttagen teil, solange sie sich an die Spielregeln halten. Unsere Teamerinnen und Teamer sorgen dafür, dass sie beispielsweise in den Diskussionen nicht als Meinungsführer auftreten können. Allerdings ist es oftmals so, dass die Rechten über bestimmte Dinge genau Bescheid wissen und ideologisch gefestigt sind, was unsererseits eine stichhaltige Gegenargumentation erfordert. Wer allerdings massiv stört oder während unserer Anwesenheit rechte Parolen äußert, kann in Extremfällen auch von unserem Projekttag ausgeschlossen werden. Gibt es diese Projekttage nur in Sachsen? Die Projekttage werden seit längerem auch in Berlin und Brandenburg durchgeführt. In den weiteren neuen Bundesländern laufen sie gerade an, so dass im Jahr 2002 ostdeutschlandweit Projekttage angeboten werden. Doch sie sollen auch auf die alten Bundesländern ausgeweitet werden. So hat im Oktober diesen Jahres auch in Baden-Württemberg schon die erste Teamschulung stattgefunden. Wie kann ich selbst Teamerin werden? In allen ostdeutschen Bundesländern finden Seminare zur Teamausbildung statt. Die genauen Termine und Orte können Interessierte unter mail.an.ndc@web.de abfragen. Man braucht keine pädagogische Ausbildung. Was zählt, sind Interesse und Engagement. Sind die Projekttage das einzige, was das Netzwerk für Demokratie und Courage organisiert? Die Organisation der Projekttage, das Entwickeln neuer Projekttagskonzepte und die Begleitung der ehrenamtlichen Teamerinnen und Teamer sind die Hauptschwerpunkte unserer Arbeit. Darüber hinaus wollen wir versuchen, kompetente Partner aus dem Bereich der antirassistischen Arbeit zu vernetzen. In vielen Fällen wird das bedeuten, den Jugendlichen bei Bedarf Kontakte zu anderen Vereinen, Gruppen und Initiativen zu vermitteln. Vernetzung bedeutet für uns aber auch, gemeinsam mit unseren Partnern Aktionen und Veranstaltungen über die Projekttage hinaus zu konzipieren und durchzuführen. Das Netzwerk ist dabei nur als die Hülle, die Struktur zu verstehen, in der die verschiedenen Akteure zusammenarbeiten. Welche Perspektiven seht Ihr für das Netzwerk? In erster Linie werden wir an der Umsetzung unserer Projekttage arbeiten. Das beWERKZEUGEet selbstverständlich die Überarbeitung und Neukonzeption von Projekttagen. Des weiteren ist es uns wichtig, in den drei Jahren die wir durch Xenos und unsere Kooperationspartner finanziert werden, einen Austausch zwischen verschiedensten Initiativen aufzubauen, der nachhaltig und über diese drei Jahre hinaus wirkt. Dabei ist es uns nicht so wichtig die Struktur »NDC« weiter auszubauen und aufzublähen, vielmehr geht es um praktische Unterstützung und Zusammenarbeit antirassistischer Initiativen. Nächster Artikel: Aktion Analyse |
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Letzte Änderung: 2005-05-22 22:55:56 | info@d-a-s-h.org Impressum |