Musik von Rechts

von Christian Dornbusch und Jan Raabe

Rock von Rechts wurde lange Jahre ausschliesslich mit der extrem rechten Skinhead-Szene in Verbindung gebracht. Doch mittlerweile scheinen sich auch in anderen Szenen extrem rechte Tendenzen zu etablieren.

Heutige RechtsRock-Bands wie »Landser« (Berlin) oder »Noie Werte« (Stuttgart) setzen sich nicht mehr grundsätzlich nur aus rechten Skinheads zusammen. Längst schon spielen in ihnen junge Männer mit, die sich diesem subkulturellen Stil nicht mehr verpflichtet fühlen. In der zwanzigjährigen Geschichte dieser Musik haben sich sowohl Inhalte als auch der Stil verändert. Während in den 1980er Jahren rechtsextreme Statements vor allem mit Texten über »kollektive Besäufnisse«, Fussball und Gewalt und Frauen/Sex flankiert wurden, rückte mit der sog. Wiedervereinigung »Deutschland« in den inhaltlichen Mittelpunkt der Musik.

Rassistische Slogans wurden Standard und der Ton zunehmend offen neonazistischer und antisemitisch. Aus diesem Weltbild heraus werden in den letzten Jahren auch zunehmend tagespolitische Themen in den Liedern aufgegriffen. Das Gros der deutschen RechtsRock-Bands setzt nach wie vor auf eine musikalische Bricolage aus Hard-Rock und grölendem deutschsprachigen Gesang. Eindeutige qualitative Verbesserungen existieren vorwiegend bei den seit einigen Jahren existenten Bands. Zur stilistischen Differenzierung dieser Musik haben unter anderem rechte Liedermacher wie Frank Rennicke oder das weibliche Gegenstück Annett Moeck beigetragen, aber auch die in eigenen Reihen verfassten Balladen über nationale Mythen und Helden.

Mit der musikalischen Orientierung am Hardcore bzw. Hatecore, wie ihn beispielsweise die neonazistische amerikanische Band »Blue Eyed Devils« spielt, wurde die Musik schneller und aggressiver.

Obwohl sich auch dieser Musikstil aus dem Punk entwickelt hat, sind seine ehedem emanzipativen und progressiven Ansprüche bei jenen Bands zugunsten extrem rassistischer und antisemitischer Texte verschwunden. Das Lied »We believe« des von Mitgliedern der englischen Band »Razors Edge« und der Bamberger Gruppe »Hate Society« eingespielten Projektes »Strength Thru Blood« beginnt beispielsweise mit dem Bekenntnis: »We believe in Nationalsocialism. We believe in white supremacy. We believe we’ll smash Zions occupation.« Eine Deutlichkeit, wie sie auch die Bands des NS-Black-Metal in ihren Texten präsentieren. Allerdings ist ihr musikalischer Stil wesentlich brachialer und ihr Image zwar ähnlich gewalt- und kriegsverherrlichend, aber auch oftmals zutiefst nihilistisch und misanthropisch. Der bestehenden Ordnung stellen sie eine an der nordischen Mythologie angelehnte heidnische Gesellschaft entgegen, in denen vermeintliche Naturgesetze und das Recht des Stärkeren als legitim gelten. »Wir marschieren in eine neue Zeit, die uns von Juden und Christen befreit!«, singt die NS-Black-Metal-Band »Magog’s« (Pirna) in ihrem Lied »Feuer der Dunkelheit«. Das Neue kann in der Logik dieser Musikszene nur durch die »totale Vernichtung des bestehenden jüdisch-christlichen Systems« herbeigeführt werden. Obwohl solche heidnischen Motive durchaus auch in der »Schwarzen Szene« des Dark-Wave präsent sind, werden dort solche offen neonazistischen Töne nicht angeschlagen.

Entsprechend dem feingeistigen Gestus der Szene als solcher, schneiden rechte Gruppen im musikalischen Stil des Neo-Folk, wie beispielsweise die Band »Waldteufel« von Markus Wolff, eher mythische und klassisch völkische Themen an. »Der Blutharsch«, die Band des Wieners Albin Julius (bürgerlich: Martinek), setzt hingegen auf die Verbindung von elektronischen Klängen zur taktvorgebenden Trommel. Hier obsiegt in der vermeintlich kultivierten Szene das martialisch-militaristisch Männliche und ehedem kriegerische Töne aus vergangenen Weltkriegen diktieren den Text der Lieder: »Kampf, Sieg oder Tod!«.

Unterdessen verbreiten sich in Teilen der Tekkno-Szene neonazistische Anklänge, besonders in der Stilrichtung des Gabba bzw. Hardcore-Techno. Die Musik, der ein enorm schneller Takt von mindestens 180 bpm (beats per minute) zugrunde liegt und die mancherorts links kodiert ist, ist im Ruhrgebiet zum Tummelplatz einer sich formierenden rechten Techno-Szene geworden. Eine Entwicklung, die sich bereits im Ursprungsland des Gabba, den Niederlanden, Mitte der 1990er Jahre abzeichnete. Das rechte Image ergab sich allerdings lange Zeit eher über einen spezifischen Dress-Code und wurde 1996 erstmals mittels der Sample-Technik, unter Verwendung von Hitler-Reden, durch die niederländischen DJ-Formation »88 A.D.R.« in die Musik integriert. Heutige deutsche Gabba-DJs wie »Kahlkopp« (heute »WHIPO«) scheinen sie zum Vorbild genommen zu haben. Aber auch im klassischen Dancefloor setzen DJs mit so sinnigen Namen wie »DJ Adolf« auf gesampelte Hitler-Reden. Inzwischen wird auch vereinzelt mit rassistischen Stereotypen sowie Holocaust relativierenden Metaphern im zumindest bis Mitte der 1990er Jahre kosmopolitisch ausgerichteten HipHop gereimt. Erst jüngst rappte »MC Pain« aus Kiel in einem über das Internet verbreiteten Text: »Türken werden immer reicher und Deutsche immer ärmer« und fürchtet beschwörend: »Kommt noch soweit, dass ein Türke hier Bundeskanzler wird«. Auch wenn solche Töne im HipHop rar sind oder die Tekkno-Szene eher ein Drogen- als ein rechtes Problem hat, zeigen diese Tendenzen doch, dass ein rechter Zeitgeist Einzug hält in verschiedene musikalische Stile. So wie Rassismus immer ein gesellschaftliches Problem war, scheint es leider auch nur eine Frage der Zeit gewesen zu sein, bis rassistische und re-nationalisierende Tendenzen Einzug halten in andere Musikszenen.

Jan Raabe und Christian Dornbusch sind Herausgeber des im Frühjahr 2002 erscheinenden Buches »RechtsRock. Bestandsaufnahme und Gegenstrategien«, Hamburg: rat/Unrast Verlag 2002, 400 Seiten, 20,35 Euro.

Der Beitrag erschien zuerst im Fachinformationsdienst Der Rechte Rand, Heft 74 (Januar/Februar 2002). Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

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Dossier #5: Unsere Texte zum Thema beleuchten zum einen die rechten Tendenzen und deren Ausbreitung in den unterschiedlichen Musikszenen (Hip Hop und Dark Wave)

  1. Gegen rechten Einfluss auf Musik & Jugendkultur
  2. Rechter Einfluss auf Jugendmusik
    (Mario Ruoppolo)
  3. Musik von Rechts
    (Christian Dornbusch und Jan Raabe)
  4. Nationalisierung durch Musik
    (Martin Büsser)
  5. Neue Deutsche Battlehärte
    (Hannes Loh)
  6. Rechte Tendenzen in Wave und Gothic
    (Arne Gräfrath)
  7. Good Night White Pride
  8. Vernetzung in Sachsen
  9. No historical Backspin
  10. Grufties gegen Rechts
  11. Musikwettbewerbe gegen rechts
  12. Links, Books, Glossar