Schutzehe.de – ein Kunstprojekt

Ein Projekt von Silke Wagner

Silke Wagner initiierte das Projekt Schutzehe. Die Künstlerin wollte im Rahmen einer Ausstellung im Kunstverein Wolfsburg 2002 auf die prekäre Situation von Migrantinnen und Migranten hinweisen und in diesem Kontext die Institution Ehe diskutieren.

Für das Kunstprojekt wurde eine Broschüre mit Informationen und Hintergrundberichten über Schutzehen erstellt. Vom Design her lehnte sich die Broschüre an das Layout eines Reisepasses an. Als die Broschüren bereits gedruckt waren, kurz vor der Ausstellungseröffnung, schritt die Stadt Wolfsburg ein und forderte den Rückzug der Broschüre, weil diese angeblich zu einer Straftat aufrufe. Der Kunstverein zog daraufhin die gesamte Auflage zurück.(1) Trotzdem war die Arbeit an dem Projekt nicht umsonst. Ein Jahr später entstand die Webseite Schutzehe – Heiraten zum Zweck der Aufenthaltssicherung als Projekt im Rahmen der Bremer Ausstellung Niemand ist eine Insel. Im Internet ist nunmehr die Broschüre mit umfassenden Informationen zur Schutzehe zu finden, und das nicht nur in Deutsch. Alle Artikel sind zusätzlich in die Sprachen Russisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Türkisch und Serbokroatisch übersetzt worden.

Dossier #13: Ehe und Migration. Der privilegierte Status, den eine Ehe gewährt, geht einher damit, ihn nicht jedem und jeder einzuräumen bzw. einigen den Zugang zu erschweren. In Deutschland betrifft dies vor allem Partnerschaften, in denen einer der Partner nicht den deutschen Pass besitzt.

  1. Ehe und Migration
  2. Die Geschichte der Ehe
    (Daniela Schmohl)
  3. Heirat zwischen Arrangement und Zwang
    (Siri Pahnke)
  4. Eine Form der Zwangsheirat: Die Imamehe
    (Daniela Schmohl)
  5. Binationale Ehe: Scheinehe – Schutzehe – Zweckehe?
    (Clara Kücük)
  6. Schutzehe.de – ein Kunstprojekt
  7. Interview mit einem so genannten »Scheinehepaar«
  8. Rezension: Antje Dertinger: »Schenk mir Deinen Namen.«
    (Katja Brunsch)
  9. Solidarity with Women in Distress
  10. ROSA e.V.
  11. Weiterführende Materialien

In der Einleitung heißt es: »Diese Seiten sollen eine Einführung in die Thematik der Schutzehe bieten und all denen Hilfestellung geben, die eine Schutzehe in Erwägung ziehen.« In einem Aufsatz werden die Artikel und Paragrafen der unterschiedlichen Gesetzesbücher vorgestellt, die sich mit Ehe, Partnerschaft und Aufenthaltsgenehmigung befassen. Ein weiterer Beitrag ist betitelt mit »Leitfaden zur Heiratsschließung«(2) und umfasst viele wesentlichen Aspekte, die bei einer binationalen Heirat berücksichtigt werden müssen.

(2) Dieser Text vom Institut xyz erschien zuerst in: kein mensch ist illegal – ein Handbuch zu einer Kampagne, Berlin: ID Verlag, 1999

Besonders wird darauf verwiesen, dass eine Heirat einen wichtigen Einschnitt in das persönliche Leben bedeutet und nicht mit dem »Ja-Wort« abgeschlossen ist. Viele, auch persönliche Konflikte können im Laufe einer Ehe auftreten und die Beziehung belasten. Das gilt insbesondere, wenn die Ehe zur Erlangung des Aufenthaltsrechts geschlossen wurde. In der Broschüre heißt es dazu: »Unabdingbar ist ein Vertrauensverhältnis zueinander. Für beide hat die Ehe einige nicht unerhebliche Konsequenzen, daher müssen sich beide aufeinander verlassen können. Für einen Ehepartner hängt der Aufenthalt an der Ehe. Für den oder die andere/n betrifft die Verheiratung möglicherweise vor allem finanzielle Aspekte, z. B. Arbeitslosen- oder Sozialhilfe, BaföG oder die Steuerklasse.« Eine zusätzliche Belastung kann die Reaktion von anderen darstellen, z.B. ein rassistisches Unverständnis, warum die Partnerwahl auf jemanden ohne deutschen Pass fiel, der Verdacht, es handele sich um eine Scheinehe, mit der gemeinsam umgegangen werden muss. Der Beitrag befasst sich mit unterschiedlichen Problemen, die auf Paare zukommen oder zukommen können und ist als Lektüre sehr empfehlenswert für alle die sich für das Thema Schutzehe – Scheinehe interessieren. Ein weiterer Artikel listet mögliche Fragen auf, die von der Ausländerbehörde oder anderen staatlichen Stellen gestellt werden bei dem Verdacht auf Scheinehe. Das reicht von der Beschreibung von Äußerlichkeiten über Fragen zu Familie und Leben des Partners oder der Partnerin bis hin zur gemeinsamen Lebensgestaltung. Ein Interview mit einem so genannten Scheinehepaar, das in diesem Dossier dokumentiert wird, und eine kommentierte Linkssammlung vervollständigen das Schutzehe-Projekt.

Insgesamt sind in der Broschüre bzw. auf der Webseite viele nützliche Informationen und Hinweise zur Schutzehe zusammengestellt, wobei Probleme und Schwierigkeiten nicht ausgespart werden.

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