Die Kampagne »Du bist Deutschland«

Die Kampagne »Du bist Deutschland« versucht über den Deutschlandbezug ein Gemeinschaftsgefühl herzustellen, in der sich jedeR in die deutsche Gemeinschaft nach seinen/ ihren Kräften einbringen soll, um für das Ganze etwas Besseres zu schaffen. Das klingt nach völkischem Nationalismus. Im Rechtsextremismus wird Nationalismus überhöht und mit ethnischen, kulturellen und politischen Kriterien des Ausschlusses versehen. Die Idee einer »ethnisch reinen« Nation, die auf genetischer Abstammung basiert, charakterisiert den völkischen Nationalismus. Die Nation stellt hier den höchsten Wert dar und wird der Maßstab allen politischen Denkens und Handelns. Nationalismus eignet sich zur Herstellung kollektiver Identität und vermag starke Verantwortungsgefühle gegenüber dem Kollektiv zu wecken. Letztlich ist die Nation aber eine mehr oder weniger willkürliche Konstruktion, eine nur imaginäre Vorstellung von Gemeinschaft. Nichtsdestotrotz ist Nation-Sein und Nationalismus ein weltweit bestehendes Phänomen und Ultra-Nationalismus bzw. völkischer Nationalismus ist nach wie vor ein zentrales Element des Rechtsextremismus.(1)

Dossier #16: Über die Durchsetzung und Verbreitung rechter Einstellungen

  1. Etablierung der Rechten
  2. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland
    (Oliver Decker und Elmar Brähler)
  3. Konsens und Tabu
    (Bündnis gegen Rechts (bgr) Leipzig)
  4. Ein Jahr NPD im sächsischen Landtag
    (Anne Longrich & Michael Bergmann [NiP-Redaktion])
  5. Popkultur und das Label deutsch
    (Marvin Alster)
  6. Die Kampagne »Du bist Deutschland«
  7. »Schöner leben ohne Naziläden«
  8. Weitere Materialien

Allerdings präsentiert die Kampagne ein modernisiertes »Volksbild«, in dem Afrodeutsche und migrantische Jugendliche ebenso ihren Platz haben wie Behinderte und Schwule. Anders als im Nationalsozialismus wird also kein rein weißes Deutschland vermittelt. Dieses neuere Verständnis von Deutsch-Sein wird aber verknüpft mit traditionellen Volksgemeinschaftsbezügen, wie dem Aufgehen in der Gemeinschaft, dem Aufopfern für die Gemeinschaft und einem starken Gefühl des Dazugehörens. Dies ist einer der Kritikpunkte an der Kampagne.

(1) Definition nach: Rechtsextremismus heute – Eine Einführung in Denkwelten, Erscheinungsformen und Gegenstrategien. Bulletin 1/2002, Hrsg. vom Zentrum Demokratische Kultur

Was im so genannten Manifest der Kampagne an positivem Deutschland-Bild vermittelt werden soll, drängt nach genauerer Betrachtung. Nicht einmal der aufgedeckte historische Ursprung der Parole »Du bist Deutschland« im Nationalsozialismus z.B. bei indymedia oder spiegel online konnte eine Reaktion bei den Initiatoren auslösen – was wohl auch am fehlenden öffentlichen Protest lag. Und so werden auch weiterhin so fragwürdige Aussagen wie »Wieso schwenkst du Fahnen, während Schumacher seine Runden dreht? … Weil aus deiner Flagge viele werden und aus deiner Stimme ein ganzer Chor.« über die Fernsehschirme flimmern. Diesen Satz spricht Xavier Naidoo im Holocaustmahnmal stehend, der Musiker und Mitglied der Brothers Keepers präsentiert sich ansonsten gerne als kritische Stimme gegen rechte Gesinnung und verleiht damit dem Spot eine gewisse Authentizität.

Über die Kampagne wurde in den letzten Monaten schon einiges – auch kritisches – geschrieben. Es wurden Fragen aufgeworfen, warum ausgerechnet 25 verschiedene Medienunternehmen unter Führung der Bertelsmann AG eine »bessere Stimmung in Deutschland«-Kampagne lostrete; nach dem Sinn vieler verwendeter Metaphern, nach der Platzierung von Homosexuellen und Behinderten im Holocaustmahnmal. Und nach den Beweggründen der Prominenten und weniger bekannten GesichtgeberInnen der Fernseh- und Kinospots und zur Namens- (und Vorbild-) Wahl für die Plakatkampagne. Auch linke Initiativen und freie Radios haben sich mit der Kampagne auseinandergesetzt. Die hier angeführten Links und Artikel verweisen auf die Kampagne und ihre kritische Betrachtung.


Die Kampagne

Kritische Entgegnungen auf »Du bist Deutschland«

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