Interviews mit SchülerInnen-Initiativen gegen den Krieg im Irak

Um uns ein Bild von den gegen den Irak-Krieg protestierenden SchülerInnen zu machen, haben wir die verschiedensten Initiativen angeschrieben und um eine kurze Darstellung ihrer Arbeit und ihrer Ziele gebeten. Wir stellten diese Anfragen nach der Einnahme Bagdads durch die US-Truppen und dem von US-Präsident Bush verkündeten Ende der Kampfhandlungen. Dass uns nur ein kleiner Teil der angeschriebenen Initiativen antwortete, belegt, dass mit dem Ende der großen Demonstrationen auch die Arbeit der Schülerinitiativen wieder zurückging. Diejenigen, die uns antworteten, berichten aber von der Fortsetzung ihrer Arbeit zu anderen Themen: Sozialabbau, Castor-Transporte oder Globalisierung.

Gruppe Freiburg

Könnt Ihr bitte kurz eure Gruppe vorstellen?

Organisatoren des Schülerstreiks Freiburg zum Tag X: Sebastian, Nikita, Alexander. Mit Unterstützung von Webmaster Benjamin.

Seit wann besteht eure Gruppe/Initiative?

Nur für den Schülerstreik am Tag X (Beginn des Irak-Krieges), ca. 1-2 Monate vorher.

Gab es einen konkreten Gründungsanlass?

Wir Organisatoren, engagierte Jugendliche von Linksruck, Jugendrat, Greenpeace etc., wollten einfach was tun und haben den Schülerstreik organisiert.

Mit welchen Aktionen habt ihr gegen den Krieg demonstriert?

Wir haben Jugendliche auf allen Friedensdemos mobilisiert für den Schülerstreik am Tag X ansonsten an allen Demos teilgenommen und versucht die Bewegung zu stärken und zu unterstützen.

Wie war die Beteiligung an diesen Aktionen?

Am Tag X waren 10.000-12.000 Schüler bei der Demo um 12.00 Uhr (Schülerstreik).

Gab es beim Schülerstreik oder euren anderen Aktionen Probleme?

Ami-Fahne wurde verbrannt und hat Lastwagen in Brand gesetzt.

Wie ist das Verhältnis zu den LehrerInnen? Haben sie euch unterstützt?

Einige Unterstützung aber auch Ablehnung z.B. von Schulleitung. Schulamt hat später mit Konsequenzen gedroht. Einige Schüler haben Einträge bekommen.

Arbeitet eure Gruppe mit den Schülervertretungen zusammen?

Wir haben diese informiert und hatten Kontakte.

Wie beurteilt ihr die momentane Haltung der Bundesregierung?

Kapitalistisch, repressiv gegen die Normalbevölkerung.

Tauchten bei euren Protesten auch rechte Jugendliche auf? Wenn ja: Wie wurde auf sie reagiert – wurde sich mit ihren Parolen auseinandergesetzt – nahmen sie an den Demonstrationen teil?

Nein es gab keine Rechten, nicht dass wir etwas mitbekommen hätten. Falls Rechte aufgetaucht wären, hätten wir sie NICHT geduldet und notfalls mit Gewalt entfernt.

Würdet Ihr euch als links einordnen?

Zumindest zwei der Organisatoren verstehen sich sozialistisch, ich bin sogar linksradikal, und der dritte versteht sich als links.

Seit wann sind Politik, Themen wie Krieg und Frieden wichtig für euch?

Aktiv bin ich (Alexander G.) seit ca. einem Jahr etwas länger.

Wie seid Ihr zur Protestbewegung gekommen?

Durch die Mitgliedschaft bei Linksruck, durch Medien.

Mit welchen Projekten/Initiativen arbeitet eure Gruppe zusammen?

Mit Linksruck, der DKP, dem Friedensforum Freiburg, der Linken Liste Freiburg, Greenpeace und anderen.

Gab es in den letzten Monaten neue Kontakte? Ist eine dauerhafte Zusammenarbeit entstanden?

Ein Antikriegskomitee hat noch Bestand und wird auch gegen Sozialabbau arbeiten, manche Schüler sind bei Linksruck etc. eingetreten, es gibt einige neue aktive Schüler.

Wie denkt ihr über die USA?

Eigentlich einer von vielen imperialistischen, kapitalistischen Staate, der allerdings eine Weltmacht ist und sich auch so benimmt. Kapitalismus muss weltweit bekämpft werden.

Im Zusammenhang mit den deutschen KriegsgegnerInnen wird häufig von antiamerikanischen Vorurteilen gesprochen. Wie schätzt ihr das ein?

Falsch! Wir sind gegen die Regierung nicht gegen das Volk, wir begrüßen die amerikanische Friedensbewegung. Wir kämpfen auch gegen die eigene Regierung – sind wir als Deutsche antideutsch?

Wie wird eure weitere Arbeit aussehen? Habt Ihr bereits neue Arbeitsthemen? Werdet ihr euch weiterhin in der Antikriegsbewegung engagieren?

Sozialabbau, G8, Krieg allgemein, Krieg wird wieder verstärkt kommen, wenn die USA neue Angriffe planen (nur dann gibt es Massenbewegung, leider).

Danke für das Interview!

Mit D-A-S-H sprach Alexander (Linksruck, Jugendrat-FR) für die OrganisatorInnen des Schülerstreiks am Tag X.

Schülerbündnis Nürnberg

Seit wann besteht eure Gruppe/Initiative?

Das Schülerbündnis gibt es seit Januar 2003.

Gab es einen konkreten Gründungsanlass?

Ja, der Irakkrieg war der Anlass.

Mit welchen Aktionen habt ihr gegen den Krieg demonstriert?

Es gab eine Schülerdemo in Nürnberg am weltweiten Aktionstag, dann fand der 1. Schulstreik am Freitag nach dem bundesweiten Aktionstag (21.2.) statt. Wir haben uns an der an der Demonstration zum Tag X beteiligt, der 2. Schulstreik fand dann am nächsten Tag statt. Und dann waren wir noch bei den regelmäßigen Freitagsdemos dabei und am Ostermarsch haben wir auch teilgenommen.

Gab es beim Schülerstreik oder euren anderen Aktionen Probleme?

Beim ersten Schulstreik bekamen an zwei Schulen alle Schüler Verweise, beim zweiten dann nur an einer Schule.

Wie ist das Verhältnis zu den LehrerInnen? Haben sie euch unterstützt?

Teilweise gab es Unterstützung – toleriert haben es alle.

Arbeitet eure Gruppe mit den Schülervertretungen zusammen?

Nein.

Wie beurteilt ihr die momentane Haltung der Bundesregierung?

Die BRD hat den Krieg passiv unterstützt. Jetzt will sie UN-Verwaltung etc., um bei der Beuteaufteilung dabei zu sein.

Tauchten bei euren Protesten auch rechte Jugendliche auf? Wenn ja: Wie wurde auf sie reagiert – wurde sich mit ihren Parolen auseinandergesetzt – nahmen sie an den Demonstrationen teil?*

Ja, sie wurden aufgefordert zu gehen, was sie auch taten.

Würdet ihr euch als links einordnen?

Ja.

Seit wann sind Politik, Themen wie Krieg und Frieden wichtig für euch?

Die meisten waren schon auf Demos, mit dem Irakkrieg sind die meisten dann aktiv geworden.

Wie seid ihr zur Protestbewegung gekommen?

Unser Schülerbündnis hat sich auf Einladung der Schüler der Walddorfschule gegründet. Die 20 bis 50 Leute kannten sich vorher nicht.

Mit welchen Projekten/Initiativen arbeitet eure Gruppe zusammen?

Mit der SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend), dem DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund), dem Friedensforum und Autonomen.

Gab es in den letzten Monaten neue Kontakte? Ist eine dauerhafte Zusammenarbeit entstanden?

Dauerhaft nur mit den Autonomen und der SDAJ.

Wie wird es mit den Protesten und der Antikriegsbewegung nach Ende des Irak-Krieges weitergehen?

Gar nicht. Das war ein absolutes Strohfeuer.

Wie denkt ihr über die USA?

Kriegstreiber Nummer Eins.

Im Zusammenhang mit den deutschen KriegsgegnerInnen wird häufig von antiamerikanischen Vorurteilen gesprochen. Wie schätzt ihr das ein?

Das stimmt nicht. Wir waren solidarisch mit der US-Friedensbewegung und können sehr wohl zwischen dem Volk, das den Krieg nicht will, und den Kriegstreibern, Bush und seiner Administration und den Konzernen, unterscheiden.

Wie wird eure weitere Arbeit aussehen? Habt ihr bereits neue Arbeitsthemen? Werdet ihr euch weiterhin in der Antikriegsbewegung engagieren?

Krieg bleibt unser Schwerpunktthema. Wir haben jetzt einige Anti-Castor-Aktionen (Demo, Gleisblockade) unternommen und veranstalten im September ein Festival gegen das Abschiebelager in Fürth mit.

Jugend gegen den Krieg Tübingen

Könnt ihr bitte kurz eure Gruppe vorstellen?

Jugend gegen Krieg Tübingen hat sich in Tübingen als Gruppe von Jugendlichen gebildet, die sich gegen den Irak-Krieg engagieren wollten. Deshalb haben wir uns der bundesweiten Kampagne »Jugend gegen Krieg« angeschlossen.

Seit wann besteht eure Gruppe/Initiative?

Wir haben uns im Februar 2003 konstruiert.

Gab es einen konkreten Gründungsanlass?

Im Vorfeld des Irakkriegs entstand großer Bedarf einer Struktur zur Vernetzung von Aktivitäten für Jugendliche.

Mit welchen Aktionen habt ihr gegen den Krieg demonstriert?

Am 28. Februar gab es eine Schülerdemo und ein »NO WAR« – Standbild auf dem Österberg, am 12. März eine Luftballon-Aktion an mehreren Schulen gegen den drohenden Krieg. Und eine Demo am Tag X mit Peace-Zeichen-Standbild auf dem Österberg.

Wie war die Beteiligung an diesen Aktionen?

Am 28.2. haben etwa 1.500 SchülerInnen und LehrerInnen teilgenommen, am 12. März rund 5.000 SchülerInnen und LehrerInnnen und an der Demonstration am Tag X beteiligten sich ca. 3.000 TeilnehmerInnen.

Gab es beim Schülerstreik oder eurer anderen Aktionen Probleme?

Keine größeren im Vergleich zu anderen Städten, wir haben ja auch keinen Streik gemacht.

Wie ist das Verhältnis zu den LehrerInnen? Haben sie euch unterstützt?

Unterschiedlich. Zu manchen echt gut, manche Direktoren und LehrerInnen haben uns unterstützt und sich direkt an Aktionen beteiligt, andere waren eher dagegen.

Arbeitet eure Gruppe mit den Schülervertretungen zusammen?

Ja, wir haben intensiv mit den Schülervertretungen zusammengearbeitet. Es haben auch einige VertreterInnen von der SchülerMitVerantwortung (SMV) direkt bei uns mitgearbeitet.

Wie beurteilt ihr die momentane Haltung der Bundesregierung?

Momentan? Momentan will die Bundesregierung sich an einem Kriegseinsatz im Kongo beteiligen, den wir ablehnen. Wir lehnen auch indirekte Unterstützung des Irakkrieges durch die Bundesregierung wie Überflugrechte und Nutzungsrechte von Militäreinrichtungen ab. Die Bundesregierung war insgesamt beim Irak-Krieg nicht glaubwürdig. Der Verbalradikalismus und die indirekte Unterstützung von USA und GB haben nur die widersprüchlichen Interessen unterschiedlicher imperialistischer Mächte aufgezeigt. Beim G8-Gipfel und jetzt beim Kongo-Einsatz agieren die imperialistischen Mächte wieder vereint.

Tauchten bei euren Protesten auch rechte Jugendliche auf? Wenn ja: Wie wurde auf sie reagiert – wurde sich mit ihren Parolen auseinandergesetzt – nahmen sie an den Demonstrationen teil?

Bei uns sind keine rechten Jugendlichen aufgefallen oder als solche in Erscheinung getreten. Wir haben auch die Rolle der Bundesregierung kritisiert und uns nie in eine antiamerikanische oder nationalistische Ecke stellen lassen.

Würdet ihr Euch als links einordnen?

Fast alle bei uns würden sich so bezeichnen.

Seit wann sind Politik, Themen wie Krieg und Frieden wichtig für euch?

Das lässt sich nicht einheitlich beantworten. Manche engagieren sich schon seit Jahren, andere sind zum ersten Mal beim drohenden Krieg gegen den Irak aktiv geworden.

Wie seid ihr zur Protestbewegung gekommen?

Einige haben sich schon vorher in der Friedensbewegung, u.a. beim Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen engagiert. Wir haben dann von der bundesweiten Kampagne »Jugend gegen Krieg« erfahren und uns ihr angeschlossen.

Mit welchen Projekten/Initiativen arbeitet eure Gruppe zusammen?

Vor allem mit dem Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen, na klar mit den anderen Ortsgruppen von »Jugend gegen Krieg«, mit [’solid] Tübingen – die sozialistische Jugend, und wie bereits erwähnt mit den SMVlern.

Wie wird es mit den Protesten und der Antikriegsbewegung nach Ende des Irak-Krieges weitergehen?

Zurzeit läuft nicht soviel, wir überlegen wie es weiter gehen soll.

Wie denkt ihr über die USA?

Eine sehr schwierige Frage, auf die wir keine pauschale Antwort geben können. Sagen wir es so: wir kritisieren die imperialistische Außenpolitik, die neoliberale Wirtschaftspolitik und die repressive und neoliberale Innenpolitik der Bush-Administration. Aber auch von einem eventuellen Regierungswechsel in den USA zu den Demokraten erhoffen wir uns keine Wunder. Schließlich haben frühere demokratische Regierungen ähnliche Politik betrieben.
Wir haben uns aber gefreut, dass die amerikanische Friedensbewegung in den Monaten vor dem Krieg so stark war. Dass sie mit Beginn des Krieges wieder rapide schrumpfte, lässt sich mit den repressiven Maßnahmen der Bush-Administration und der stupiden Patriotismus-Gehirnwäsche der praktisch gleichgeschalteten US-Massenmedien erklären.

Im Zusammenhang mit den deutschen KriegsgegnerInnen wird häufig von antiamerikanischen Vorurteilen gesprochen. Wie schätzt ihr das ein?

Wie bereits oben schon erwähnt, haben wir als »Jugend gegen Krieg Tübingen« eine klar antiimperialistische Position, die in Tübingen und Baden-Württemberg auch von den Aktiven der Friedensbewegung geteilt wird. Antiimperialismus bedeutet, dass wir uns nicht gegen einzelne imperialistische Mächte, wie z.B. die USA wenden, sondern grundsätzlich gegen Imperialismus. Wir sind nicht gegen die USA, schon gar nicht gegen die US-Amerikaner als Menschen, wir lehnen die Politik der US-Regierung ab.

Wie in Tübingen übrigens auch viele US-Amerikaner, die sich sowohl beim Deutsch-Amerikanischen Institut als auch an den Antikriegsprotesten beteiligt haben.

Wie wird eure weitere Arbeit aussehen? Habt ihr bereits neue Arbeitsthemen? Werdet ihr euch weiterhin in der Antikriegsbewegung engagieren?

Größere Aktionen sind zurzeit nicht geplant. Wir arbeiten zurzeit eher bei anderen Gruppen mit und überlegen, wie wir als Jugendliche in Zukunft arbeiten wollen.

Das Interview gab uns Frederico für Jugend gegen Krieg Tübingen.

Nähere Informationen unter:
Friedensplenum Tübingen – Antikriegsbündnis e.V.
Treffen: Montags um 19 Uhr im Schlatterhaus in der Tübinger Österbergstraße 2 im 1. Stock.

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