D-A-S-H Dossier #7: Der Nahostkonflikt und seine Diskussion aus deutscher Sicht

Unser siebentes Dossier beschäftigt sich mit einem die Nachrichtenberichterstattung in den letzten Monaten dominierenden Konflikt, der auch in der politischen Auseinandersetzung der BRD im vergangenen Jahr seine Spuren hinterlassen hat.

Die militärischen Auseinandersetzungen um die besetzten Gebiete in Israel und die Autonomiebestrebungen der Palästinenserinnen und Palästinenser, gescheiterte Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien und erfolglose Vermittlungsversuche von Politikern aus aller Welt prägten die Nachrichten ebenso wie die sich wiederholenden Bilder von palästinensischen Selbstmordanschlägen und den sogenannten Vergeltungsmaßnahmen der israelischen Armee.

Auch in Deutschland wird über diesen Konflikt im Nahen Osten diskutiert: In der politische Debatte finden dabei antisemitische Stereotypen Verwendung bei der Kritik an der Politik des Staates Israel. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Diskussion zwischen Jürgen Möllemann (FDP) und Michel Friedman (Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland) und die noch immer präsente Debatte um das »israelkritische« Flugblatt Möllemanns im Vorfeld der Bundestagswahlen 2002.
Eine Auseinandersetzung mit dem Thema erscheint uns wichtig, da gerade in der politisch aktiven Szene abseits der etablierten Parteien eine Debatte um den Nahost-Konflikt entbrannte, die zwischen bedingungsloser Israelsolidarität und Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfes weder eine Vermittlung noch eine nach beiden Seiten sachliche Kritik zulässt.

Unser eigentliches Anliegen war es, die Geschichte des Nahost-Konfliktes einführend darzustellen. Darüber hinaus wollen wir die Debatte in der BRD um den Konflikt und seine Lösung abbilden.
Trotz wiederholter Anfragen war es für uns ausgesprochen schwierig, Autorinnen und Autoren für das Dossier oder eine Einführung in die Geschichte des Nahost Konflikts zu gewinnen. Waren einige Expertinnen und Experten aufgrund vieler Nachfragen schlicht überlastet, erhielten wir von anderen keinerlei Reaktion auf unsere Anfragen.

Wir haben zum Beispiel von jungen Prominenten aus den Medien, Musikerinnen und Musikern, Sportlerinnen und Sportlern sowie von jungen Politikerinnen und Politikern ein Statement auf die Frage gebeten: »Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich auf dem Hintergrund unserer Geschichte kritisch mit dem Israel-Palästina Konflikt auseinander zu setzen?«

Die Reaktionen sprachen für sich: Wir erhielten zwei Absagen von den Managements einer Künstlerin und eines Sportlers sowie Statements von der Jungen Union und von ’solid, der sozialistischen Jugend. Der Rest war Schweigen.

Entsprechend der erhaltenen Beiträge und in Bezug auf die bundesdeutsche Debatte zum Thema orientiert sich unser Dossier nun verstärkt auf Antisemitismus. Wir mussten feststellen, dass der Nahostkonflikt in den Diskussionen oft nur als Aufhänger und Stichwortgeber dient, inhaltlich jedoch immer wieder Antisemitismus abgehandelt wird. Andererseits läuft jede Israelkritik hierzulande Gefahr, nicht über Israel-Palästina und den Konflikt zu debattieren, sondern über die deutsche Vergangenheit und die eigene Stellung dazu zu referieren. In den verschiedenen Beiträgen unseres Dossiers sollen die unterschiedlichen Diskussionen und einzelne Standpunkte abgebildet werden.

Verfolgt man die Berichterstattung um den Nahost-Konflikt, so stellt man schnell fest, dass oft auf Hintergründe und geschichtliche Zusammenhänge nicht genügend eingegangen wird. Manch einer hat sich sicher schon gefragt – worum geht es da eigentlich? In einer Linksammlung zur Geschichte des Staates Israel, aber auch zu den »Stationen des Nahostkonfliktes« kann das eigene Wissen über die historischen Hintergründe und die politischen wie gesellschaftlichen Zusammenhänge aufgefrischt und erweitert werden.
Die Diskussion der deutschen Linken und ihrer Haltung zum Nahostkonflikt wird zunächst mit der Dokumentation des Vortrages »Antisemitismus in der Linken« von Thomas Haury (Soziologe an der Universität Freiburg), der mit weitverbreiteten Stereotypen und Schlussfolgerungen aufräumt, dargestellt. Des Weiteren wird exemplarisch die Debatte in der Wochenzeitung »Jungle World« in den letzten Wochen nachgezeichnet.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Medienberichterstattung über den Nahostkonflikt. Uns interessiert, wie sich der Konflikt in den Medien, vor allem in den deutschen Medien darstellt. Hier wird zunächst in einem Interview mit dem Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung Thomas Krüger die Studie zur Nahostberichterstattung im deutschen Fernsehen vorgestellt. Als zweites wird der Auslandskorrespondent Ulrich W. Sahm mit einem Beitrag über Antisemitische Stereotypen zu Wort kommen. Er macht an Beispielen deutlich, wie sich diese Stereotype in die Berichterstattung einschleichen und unhinterfragt übernommen, also publiziert und weiterverbreitet werden. Das Beispiel zeigt die Mechanismen, die in der Medienberichterstattung dazu führen, Schlagworte und damit auch Vorurteile zu festigen. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet Peter Schäfer aus Ramallah die Informationsmöglichkeiten über den Konflikt. In seinem Beitrag »Cyber-Palästina« schildert er die Internetkommunikation in Palästina und zeigt damit eine Möglichkeit, sich direkter und über wenigere Vermittlungsinstanzen mit dem Thema auseinander zu setzen.

Einen Blick auf die Betrachtung der deutschen Sichtweise des Nahostkonflikts in Israel bieten zwei Interviewauszüge mit den beiden israelischen Schriftstellern Amos Oz und Etgar Keret. Sie schildern, wie sie die Darstellung ihrer Heimatregion in den europäischen Medien wahrnehmen, und werben für eine ausgewogene Auseinandersetzung mit dem Konflikt.

Um eine weiterführende Recherche zu den einzelnen Themen zu ermöglichen, werden in diesem Dossier die weiterführenden Links nicht am Ende des Dossiers stehen, sondern immer direkt bei den entsprechenden Beiträgen.

Die vorgestellten Projekte unterscheiden sich in ihren Aufgabengebieten und Zielen erheblich. Zunächst wirft Ute Hempelmann einen Blick auf die Arbeit des jüdisch-palästinensischen Begegnungsprogramm »Kinder lehren Kinder«, das von »Givat Haviva« einem Bildungsinstitut in Israel angeboten wird. In einem Interview mit dem Berliner Verein Tacheles reden! e.V. wird dessen Arbeit gegen Antisemitismus vorgestellt. Der Verein Middle East Media Research Institut (MEMRI) zieht eine Bilanz seiner Arbeit, die sich in erster Linie der Bereitstellung von Übersetzungen aus dem arabischsprachigen Gebiet widmet. Die Gruppe Women Against Violence aus Nazareth stellt ihrerseits die Arbeit mit palästinensischen Frauen dar und die Leipziger Gruppe Bainuna-Beyneynu, Forum für Gerechtigkeit und Frieden im Nahen Osten stellt die Ansätze ihrer Arbeit vor.

Links

  • Deutsche Parteien grasen am rechten Rand
    Die antisemitischen Äußerungen Jürgen Möllemanns im Wahlkampf 2002 haben auch gezeigt, dass antisemitische Positionen und rechter Populismus in diesem Land viel Akzeptanz genießen …
  • Heute wie damals? Walser, Möllemann und Schirmacher
    Was die historische Konstruktion der deutschen Nation mit Mechanismen und Denkstrukturen in der aktuellen Antisemitismusdebatte zu tun hat. Das Referat von Thomas Müller vom Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus versucht den gegenwärtigen Antisemitismus in der BRD einzuordnen.

 

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